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Bildung, Kultur und Medien
Medien
Sowohl die von Bundesrat Maurer wie auch den Autoren des Jahrbuchs „Qualität der Medien“ geäusserten Bedenken zur abnehmenden Medienvielfalt wurden von Seiten der Pressebranche beanstandet. – Aufgrund des neu eingesetzten Messverfahrens zur Erhebung der Fernsehquoten und dem daraus resultierenden Protest der Privatsender, allen voran „3Plus“, verzögerte sich die Publikation der Nutzungsdaten zum Ärgernis der Werbekunden um mehr als ein halbes Jahr. – Der Bundesrat präsentierte seine Botschaft zur Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes, mit welcher die geräteabhängige Empfangsgebühr der Billag durch eine generelle Abgabepflicht ersetzt werden soll. – Eine Konzessionsänderung ermöglichte der SRG SSR unter Kritik von bürgerlichen Parteien und privaten Anbietern eine Erweiterung ihres Online-Angebots. – Ein in Erfüllung eines Postulats erstellter Bericht des Bundesrates ortete keine namhaften gesetzgeberischen Lücken betreffend der Rechtslage von Social Media.
Medienpolitische Grundfragen
Im Juli präsentierte die SP ihr Positionspapier „für ein demokratiegerechtes Mediensystem“, worin die Partei diverse Massnahmen unterbreitete, um auf den Strukturwandel in der Medienlandschaft und die damit einhergehenden Probleme zu reagieren. Im aktuellen System ortete die Partei eine fortschreitende Kommerzialisierung und Medienkonzentration, abnehmende Qualität der Berichterstattung, weniger seriöse Recherche und eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für Medienschaffende. Die Sozialdemokraten forderten deshalb den Übergang von der indirekten Presseförderung zur direkten und eine alle Mediengattungen umfassende Medien- und Journalismusförderung. Dazu sollen jährlich CHF 100 bis 200 Mio. Fördergelder für die Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden sowie für die Schulung der Medienkompetenz von Konsumenten eingesetzt werden. Gespeist werden könnte ein zu diesem Zwecke geschaffener Fonds laut Vorschlägen der SP neben den Gebührenanteilen der privaten Radio- und Fernsehveranstalter (Gebührensplitting) auch durch die Erhebung einer Werbe- und Datenverkehrsabgabe für Webdienste wie Facebook und Google, die fremde journalistische Leistungen kommerziell nutzen ohne dabei die Produktionskosten mitzutragen. Als Kriterien für die Vergabe von Fördergeldern schlugen die Sozialdemokraten unter anderem die Gewährleistung von fairen und über einen GAV abgesicherten Arbeitsbedingungen sowie einen hohen Anteil an journalistischen Eigenleistungen, das Vorhandensein eines Qualitätssicherungskonzeptes und die Abwesenheit publizistischer Gratisangebote vor. Weiter sprach sich die Partei in ihrem Positionspapier für die vom Bundesrat im Rahmen der Revision des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) vorgeschlagene geräteunabhängige Haushaltsabgabe aus. Bei bürgerlichen Parlamentariern und dem Geschäftsführer des Verbands Schweizer Medien stiessen die Vorschläge der SP auf wenig Resonanz [1].
Im September ernannte der Bundesrat Philipp Metzger zum neuen Direktor des Bundesamts für Kommunikation (BAKOM). Der Anwalt und Telekom-Spezialist war seit 2007 im Bundesamt als Vizedirektor und Leiter der Abteilung Telecomdienste tätig, seit 2012 als stellvertretender Direktor. Er ersetzt ab Januar 2014 den bisherigen Leiter Martin Dumermuth, welcher ab November des Berichtsjahres die Leitung des Bundesamts für Justiz übernahm. Zu den wichtigsten Aufgaben des neuen BAKOM-Vorstehers gehören die RTVG-Revision, Weiterentwicklungen im Fernmeldewesen sowie die Diskussion um eine mögliche Neuausrichtung der Medienförderung [2].
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Presse
Ausgehend von zwei im Vorjahr erschienenen Publikationen zur Geschichte der „Basler Zeitung“ trafen sich Ende April unter regem Beisein eines interessierten Publikums die wichtigsten Vertreter der breit gefächerten Medienlandschaft im Raum Basel zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Die Basler Medienlandschaft – Quo vadis?“. Die ganze Veranstaltung hindurch dominierte die Diskussion um die Situation der Pressetitel, insbesondere um diejenige der „Basler Zeitung“ (BaZ) seit Bekanntgabe des finanziellen Engagements von alt-Bundesrat Christoph Blocher und die Frage, ob und inwiefern Medien eine politische Ausrichtung haben dürfen. Neben zahlreichen Gegnern von politischen Medien fanden sich auch ausserhalb der BaZ Befürworter einer politisch fragmentierten Medienlandschaft im Sinne der Vielfalt und unter Berücksichtigung von Kriterien der Transparenz. Neue Erkenntnisse oder gar ein endgültiges Fazit brachte das Podium laut Angaben der „Basellandschaftlichen Zeitung“ und der BaZ aber weder zu diesem Punkt noch zu anderen Angelegenheiten, so beispielsweise zu Möglichkeiten der nachhaltigen Finanzierung von Qualitätsjournalismus, hervor [3].
Nachdem der alt-Bundesrat im vorangehenden Jahr 2012 bereits Immobilien der „Basler Zeitung“ erworben hatte, erstand Christoph Blochers Firma Robinvest Mitte Jahr 20% des Aktienkapitals der BaZ Holding AG. Weiter erhielt der ehemalige Bundesrat Einsitz in den Verwaltungsrat der Gesellschaft und Robinvest übernahm ein Darlehen an die „Basler Zeitung“ (BaZ) in der Höhe von CHF 40 Mio., was gut der Hälfte der bei Besitzübernahme an Tito Tettamanti gewährten Anleihe entspricht. Mit der Einbindung von Blocher versprach sich Tettamanti die erfolgreiche Aufrechterhaltung der BaZ als bedeutende, eigenständige und liberale Zeitung. Trotzdem wurde die Zusammenarbeit der BaZ mit der Mediengruppe Tamedia im Berichtsjahr verstärkt. Neu druckt Tamedia die BaZ, dafür verbreitet diese neben dem „Magazin“ erstmals auch die „Sonntags-Zeitung“ des Verlagsriesen (siehe unten) [4].
Die AG für Werbeforschung (Wemf) präsentierte im Oktober die aktuellen Zahlen zur Mediennutzung in der Schweiz und dies zum ersten Mal unter Anwendung einer neuen Messmethode. Zu den grössten Änderungen gehörte zum einen, dass das Unternehmen neu auch Interviews mit Personen ohne eingetragenen Festnetzanschluss durchführte, wobei Wemf sowohl auf Mobiltelefonnummern als auch auf nicht-eingetragene Festnetzanschlüsse zurückgriff. Zum anderen holte die Forschungsinstitution Auskünfte von 40% der insgesamt ca. 19 000 interviewten Personen mittels Online-Befragung ein. Während die erste Neuerung zum Zwecke einer besseren Repräsentation der jungen, erwerbstätigen Bevölkerung erfolgte, soll der Beizug einer etwas anonymisierteren Form der Befragung dazu beitragen, dass die Umfrageteilnehmer ihren Medienkonsum weniger stark überschätzen. Die erwähnten Umstellungen in der Erhebungsmethode lassen keine qualifizierten Vergleiche zum Vorjahr zu. Feststellen lässt sich jedoch, dass insbesondere Boulevard- und Pendlerblätter aktuell besser abschneiden als zuvor, während die Magazine an Bedeutung verloren haben. Ferner wies Wemf die verkauften Auflagen ebenfalls erstmals separat für E-Paper aus. Hier zeigte sich, dass insbesondere die NZZ und die „NZZ am Sonntag“ ihren Kunden erfolgreich ein papierloses Zeitungsabonnement verkaufen konnten [5].
Auch 2014 wird die Post der förderberechtigten Regional- und Lokalpresse eine Preisermässigung für die Postzustellung von 22 Rappen pro Exemplar gewähren, wie Ende Jahr vom BAKOM bekannt gegeben wurde. Von der Förderung profitieren neu insgesamt 142 regionale und lokale Publikationen, womit sich die Zahl der geförderten Tages- und Wochenzeitungen im Vergleich zum Berichtsjahr kaum verändert. Um 42 Titel auf eine Anzahl von 1 124 zunehmen wird im Folgejahr die Liste der förderberechtigten Zeitungen und Zeitschriften von nicht-gewinnorientierten Unternehmen, womit die Auflage der zu ermässigenden Exemplare um 14,3 Mio. steigt. Diese Pressegattung profitiert 2014 mit 14 Rappen pro Exemplar von einer leicht geringeren Zustellermässigung im Vergleich zum aktuellen Jahr [6].
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Im März fusionierte der „Sonntag“ der AZ-Medien mit der „Südostschweiz am Sonntag“ zum neuen Sonntagsblatt mit dem Titel „Schweiz am Sonntag“. Im gleichen Monat stellte die „Basler Zeitung“ die eigene Sonntagsausgabe ein und bot ihren Lesern ab diesem Zeitpunkt – wie dies der „Bund“ bereits seit 2012 handhabte – die „Sonntags-Zeitung“ der Tamedia-Gruppe an. Mit Lancierung einer siebten Ausgabe versuchte das „St. Galler Tagblatt“ der NZZ-Mediengruppe, der Pressekonzentration am Ruhetag Gegensteuer zu geben [7].
Weitere Verschiebungen auf dem Zeitungsmarkt wurden Mitte Jahr bekannt und gingen alle zu Lasten der „Südostschweiz“. Mit dem „Werdenberger und Obertoggenburger“, der „Rheintalischen Volkszeitung“ und dem „Liechtensteiner Vaterland“, die bis anhin der Südostschweizer Mediengruppe angehörten, schliessen sich ab 2014 drei Regionalzeitungen dem von der NZZ-Gruppe dominierten „St. Galler Tagblatt“ an. Weiter kooperiert der „Bote der Urschweiz“ per 2014 mit der NZZ-Tochter „Neue Luzerner Zeitung“, um sich mit der „Neuen Schwyzer Zeitung“ zusammen zu schliessen. Durch diese Wechsel bedingt sinkt die Auflage der „Südostschweiz“ von 121 000 auf rund 82 000 Exemplare [8].
Mit Verkauf des eigenen Aktienanteils von 70,5% des „Landboten“ an Tamedia verabschiedete sich mit der Ziegler Druck- und Verlags-AG ein weiteres kleines Verlagshaus vom Pressemarkt. Somit hält Tamedia insgesamt 90,5% der Aktien der Winterthurer Tageszeitung; ein knapper Zehntel verbleibt bei einem Einzelaktionär [9].
Am Jahrestreffen des Schweizer Medienkongresses äusserte sich Bundesrat Maurer (svp) äusserst kritisch zur aktuellen Medienlandschaft. Es herrsche überwiegend ein „mediales Meinungskartell“, das die Staatstätigkeit selten hinterfrage und Themen, die das Volk beschäftigten, kaum aufgreifen würde. Die „selbstverfügte Gleichschaltung“ der Medien, die nach bestimmten Glaubenssätzen – wie beispielsweise, dass der Mensch den Klimawandel verschulde oder dass Alternativenergien der Atomenergie vorzuziehen seien – operiere, könne nicht durch eine Erhöhung der Anzahl an Presseerzeugnissen verhindert werden. Was nach wie vor fehle sei Meinungsvielfalt. Als Reaktion auf seine Rede erhielt Maurer Pfiffe und Buhrufe, was laut Angaben der „Schweiz am Sonntag“ einem Regierungsmitglied zuletzt 1995 widerfuhr, nämlich der damaligen Bundesrätin Ruth Dreifuss (sp), die am Eidgenössischen Schwingfest für den EU-Beitritt geworben hatte [10].
Im Ende September erschienenen Jahrbuch „Qualität der Medien“ des Forschungsinstituts Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) meldeten die Autoren aufgrund zunehmender Kommerzialisierung und Konzentration der Medienlandschaft ihre Bedenken zur Medienvielfalt an. Während sich zwischen 2001 und 2012 zwölf Medienhäuser vom Verlag herkömmlicher, deutschsprachiger Pressetitel zurückgezogen hatten, waren die Marktanteile der drei grössten Schweizer Verleger beträchtlich gestiegen. Die Tamedia AG konnte seit dem Millennium ihren Anteil in der deutschsprachigen Schweiz praktisch verdoppeln und kontrollierte im Jahr 2012 mehr als einen Drittel (36%) des dortigen Pressemarkts. Hauptsächlich infolge der kürzlich erfolgten Übernahme von Edipresse betrug der Marktanteil von Tamedia in der Westschweiz im Vorjahr gar 68%. Die NZZ-Mediengruppe erhöhte ihre Marktbeteiligung an deutschsprachigen Pressetiteln im untersuchten Zeitraum von 7% auf 19% und der Ringier-Verlag steigerte seine ursprünglich 21-prozentige Quote bis zum Vorjahr um weitere sechs Prozentpunkte. Als weitere bedenkliche Tendenzen identifizierten die Autoren des Jahrbuchs die abnehmende Reichweite von Qualitätszeitungen im Gegensatz zur zunehmenden Etablierung von Boulevardblättern und Gratiszeitungen, die Verlagerung der Werbeausgaben hin zur Gratispresse, die besonders eingeschränkte Vielfalt auf dem Online-Markt sowie die abnehmende Einbindung von Hintergrundwissen und Wirkungszusammenhängen in die journalistische Berichterstattung. Der Schweizer Verlegerverband reagierte postwendend mit Vorwürfen an die Verfasser der Studie. Der Verband kritisierte insbesondere die Erhebungsmethode, welche sich auf Stichproben und die Untersuchung von Frontseiten und Aufmachern gestützt habe. Die französischsprachige Presse kritisierte zudem die Auswahl der regionalen Pressetitel in der Westschweiz. Weiter wurde bezweifelt, dass die Qualität von Medien und ihren Inhalten überhaupt qualitativ erfasst werden kann. Oswald Sigg, Mitglied des Stiftungsrates „Öffentlichkeit und Gesellschaft“, reagierte selbstkritisch auf die Vorwürfe aus der Medienbranche. In der Tat vermöge die verwendete Erhebungsmethode die Qualität der regionalen Presseerzeugnisse der Romandie nicht im Detail zu erfassen. Sigg stellte eine Spezialstudie zur Situation der französischsprachigen Regionalmedien für das Folgejahr in Aussicht [11].
Im Oktober gaben die Medienhäuser Ringier und Tamedia bekannt, ihre Anteile von je 46,2% an der überregionalen, französischsprachigen Tageszeitung „Le Temps“ verkaufen zu wollen. Interesse zeigten in erster Reaktion unter anderem die Wirtschaftszeitung „L’Agefi“, Jean-Claude Biver, Präsident der Uhrenmarke Hublot, sowie Christoph Blocher und Tito Tettamanti als Inhaber der „Basler Zeitung“. Die NZZ verzichtete explizit auf die Einreichung eines Angebots und liess verlauten, man erachte eine Ausdehnung des Engagements auf den französischsprachigen Zeitungsmarkt als nicht opportun, sei jedoch auch nach Eigentümerwechsel an der Weiterführung oder gar einem Ausbau der Zusammenarbeit mit der Qualitätszeitung interessiert. Für den Fall, dass kein passender Käufer gefunden werden könne, würden die aktuellen Besitzer von „Le Temps“ den Verkauf des eigenen Anteils an den anderen Teilinhaber prüfen, informierten die beiden Medienhäuser. Die Zukunft des Traditionsblattes blieb bis zum Ende des Berichtsjahres ungewiss [12].
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Zu Beginn des Berichtsjahres wurde aufgrund des in jüngster Zeit dramatischen Auslastungs- und Umsatzrückgangs die Schliessung der Druckerei der „Basler Zeitung“ bekannt gegeben. Von den 96 Druckerei-Mitarbeitern erhielten drei Viertel die Kündigung. Von den verbleibenden 24 Angestellten wurden 11 Personen die frühzeitige Pensionierung angeboten. 10 Mitarbeiter sowie die drei Lehrlinge der BaZ-Druckerei wurden neu in der Tamedia-Druckzentrale in Zürich tätig, wo die „Basler Zeitung“ seit April des Berichtsjahres nun produziert wird. Die Mediengewerkschaft Syndicom forderte für jeden von der Druckereischliessung betroffenen Mitarbeitenden eine Abgangsentschädigung in der Höhe von CHF 1000 pro Dienstjahr. Diesbezügliche Uneinigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern führte am 11. Februar zu einem siebenstündigen, unangekündigten Warnstreik der Belegschaft, was für den betreffenden Tag Verzögerungen oder gar Ausfälle bei der Zeitungszustellung an die Abonnenten zur Folge hatte. Nach Beendigung des Streiks einigten sich die beiden Parteien auf eine Entschädigung von CHF 400 pro Angestellter und Dienstjahr [13].
Ende März bestätigte die Tamedia AG ihre Pläne, zur Kompensation rückläufiger Werbeeinnahmen in den nächsten drei Jahren insgesamt CHF 34 Mio. einsparen zu wollen, um die angestrebte Gewinnmarge von 15% erreichen zu können. In der Westschweiz, die von den geplanten Einsparungen überproportional betroffen ist (CHF 18 Mio.), organisierten sich sogleich nach Bekanntwerden der Sparpläne spontane Protestbekundungen. Die anwesende Redaktion der „Tribune de Genève“, die neben „24heures“ und „Le Matin“ mit besonders grossen Kürzungen zu rechnen hatte, legte am späten Vormittag kurzzeitig ihre Arbeit nieder. Nach einem zweiten Treffen mit Tamedia im April informierten die zuständigen kantonalen Regierungsräte aus den Kantonen Waadt und Genf, das Medienhaus habe garantiert, sich weiterhin für den Erhalt der Medienvielfalt einzusetzen. Momentan bestünde nicht die Absicht zur Fusion oder gar zur Absetzung eines Medientitels. Darüber hinaus sei die anvisierte Gewinnmarge nicht in Stein gemeisselt [14].
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Radio und Fernsehen
Mit einer Änderung der UVEK-Verordnung beschloss der Bund die Aufhebung der analogen Verbreitungspflicht in zwei Schritten. Per Juni 2013 sind ausländische Kabelnetzbetreiber von der Pflicht enthoben, so genannte Must-Carry-Programme analog zu verbreiten. Ab 2015 soll in einem weiteren Schritt auch für inländische Anbieter die freie analoge Programmwahl gelten. Sofern ein solcher analoger Netzbetreiber kostenlos einen Digital-Analog-Konverter zur Verfügung stellt, womit ein gleichwertiges digitales Angebot erschlossen werden kann, ist er ebenfalls bereits ab Erlass der Verordnungsänderung von der analogen Verbreitungspflicht enthoben. Mit der im Vorjahr revidierten Radio- und Fernsehverordnung (RTVV) hatte der Bundesrat dem UVEK die Kompetenz übertragen, die analoge Verbreitungspflicht aufzuheben, sobald Must-Carry-Programme von einer überwiegenden Mehrheit digital empfangen werden können. Laut dem UVEK ist dies zum aktuellen Zeitpunkt in 85% aller Haushalte der Fall. Unverändert bestehen bleibt die Verbreitungspflicht von Must-Carry-Programmen für digitale Anbieter [15].
Im Berichtsjahr präsentierte Mediapulse ein neues Verfahren zur Erhebung der TV-Quoten, welches sich die bessere Berücksichtigung der mit dem digitalen Zeitalter einhergehenden Entwicklungen zum Ziel gesetzt hatte. Dies erfolgte zum einen durch die Erfassung der zeitversetzten Fernsehnutzung und zum anderen durch Berücksichtigung von Daten zu Personen, die Fernsehsendungen ausschliesslich webbasiert über elektronische Geräte konsumieren. Diese Umstellungen führten zu beträchtlichen Differenzen gegenüber früher publizierten Zuschauerzahlen und diese gingen in erster Linie zu Lasten der Privatsender, worauf der Verwaltungsrat von Mediapulse zur Überprüfung der Daten im Februar eine vorläufige, partielle Geheimhaltung der Erhebungen beschloss. Trotz zwei von Mediapulse bald darauf vorgelegten, positiven Expertenberichten zum neuen Messsystem erwirkte der Privatsender „3Plus“ nach kurzzeitiger Freigabe der Nutzungsdaten eine superprovisorische Verfügung gegen das Forschungsunternehmen. Es folgte eine Phase von Blockaden und Deblockaden aufgrund von Beschlüssen des Verwaltungsrates sowie Verfügungen des Obergerichts des Kantons Nidwalden und des Bundesverwaltungsgerichts; Letztere wurde erst im Juli aufgehoben. Der Streit konnte daraufhin durch Einigung zwischen Mediapulse und dem Privatsender erfolgreich beigelegt werden. „3Plus“ stimmte der Publikation der Daten unter der Bedingung zu, dass Mediapulse auf die Datenerfassung zu Zuschauern verzichtet, die sich Fernsehsendungen einzig über den Computer ansehen und dabei über keinen Fernsehapparat verfügen. Ferner wurde dem Privatsender zur Förderung von Transparenz und zum besseren gegenseitigen Verständnis erlaubt, in einer ersten Phase ebenfalls eigene Datenauswertungen durchzuführen. Im Herbst konnte Mediapulse die bereinigten Daten vorlegen. Die starke Verzögerung in der Publikation der sonst regelmässig vorliegenden Zahlen hatte sich zu einem veritablen Ärgernis für die Werbekunden entwickelt [16].
Im Auftrag des BAKOM untersuchten Forscher des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den Radio- und Fernsehprogrammen in der Schweiz. Die repräsentative Telefonbefragung von über 3 600 Personen ergab, dass das Radio der SRG mit 77% positiven Rückmeldungen die grösste Zufriedenheit geniesst. Zwei Drittel der Befragten zeigten sich glücklich mit dem Programmangebot lokaler Radiostationen sowie dem Fernsehprogramm der SRG. Demgegenüber äusserte die Hälfte der Umfrageteilnehmer ihre teilweise oder vollkommene Unzufriedenheit mit regionalen Fernsehsendern. Während im Falle von Radio und Fernsehen der SRG insbesondere die Professionalität, der hohe Informationsgehalt und die Glaubwürdigkeit wertgeschätzt wurden, punktete das Regionalfernsehen in erster Linie mit Lokalbezug und Glaubwürdigkeit. Der Unterhaltungswert des privaten Fernsehens hingegen wurde mit nur 34% Zustimmung ausnehmend tief eingestuft [17].
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Nach einer im Vorjahr durchgeführten Vernehmlassung präsentierte die Landesregierung dem Parlament im Mai des aktuellen Jahres eine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (RTVG). Der Bundesrat optierte gemäss Auftrag des Parlaments und in Erfüllung einer Motion der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-NR) für eine generelle Abgabepflicht für Radio und Fernsehen, welche die in der Vergangenheit mehrfach in Kritik geratene, geräteabhängige Billag-Empfangsgebühr ablösen soll. Trotz Kritik von einigen gewichtigen Vernehmlassern hielt der Bundesrat somit an dem in seiner ursprünglichen Vorlage enthaltenen Vorschlag fest, kaum Möglichkeiten zur Abgabebefreiung vorzusehen. Für ein „Opting out“ für Personen mit bewusstem Verzicht auf Radio- und Fernsehkonsum hatten sich in der Vernehmlassung unter anderem die Piratenpartei, Economiesuisse und mit dem Aargau, Genf und Schwyz drei Kantone ausgesprochen. Die Mehrheit der Vernehmlasser, darunter alle Kantone mit Ausnahme des Kantons Zürich sowie unter anderem die WEKO, Billag und die stellungnehmenden Parteien ohne die SVP und die FDP, hatte sich jedoch im Grunde hinter einen Systemwechsel gestellt und den Entwurf begrüsst. Von der neuen Abgaberegelung ausgenommen werden sollen laut Vorlage des Bundesrats wie bisher Bezüger von Ergänzungsleistungen (EL) der AHV und IV, wobei eine neue Regelung die rückwirkende Befreiung ab Leistungsbezug einführen will. Ebenfalls neu sollen Unternehmen mit einem Jahresumsatz von unter CHF 500 000 von der Abgabe befreit werden. Nach aktuellem Stand hätten aufgrund letzterer Bestimmung 70% der in der Schweiz angesiedelten Unternehmen keine Abgabe zu entrichten. Ob und inwiefern Unternehmen überhaupt abgabepflichtig sein sollen, wurde in der Vernehmlassung äusserst kontrovers diskutiert. Während der festgesetzte Grenzwert einigen Vernehmlassern zu hoch angesetzt war, fanden ihn andere zu tief und wieder andere schlugen neue Kriterien zur Bestimmung der Abgabepflicht vor. In seiner Botschaft zum Entwurf vertrat der Bundesrat nach wie vor den ursprünglich genannten Grenzwert, der jedoch in einem weiteren Schritt auf Verordnungsstufe festgelegt werden muss. Die Vorlage sieht weiter vor, für die Eintreibung der Abgaben natürlicher Personen eine nach Kriterien des öffentlichen Beschaffungsrechts ausgewählte private Erhebungsstelle zu beauftragen, welche die Haushaltsdaten von den Einwohnerregistern der Kantone und Gemeinden bezieht. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) soll die Abgabe der Unternehmen direkt im Rahmen der Mehrwertsteuererhebungen einziehen. Betreffend Letzterem präsentierte die Regierung in der Vernehmlassung zwei Varianten. Die Abgabeerhebung via ESTV wurde von der Mehrheit der Stellungnehmenden als effizienter und kostengünstiger eingestuft als ein alternativ möglicher Einzug über die private Erhebungsstelle, welche die Daten der Unternehmen über die ESTV bezogen hätte. Als Gründe für den Systemwechsel gibt der Bundesrat in erster Linie die technologische Entwicklung, welche den Empfang von Radio und Fernsehen auf neuen Geräten ermöglicht, sowie den durch das aktuelle System verursachten hohen administrativen Aufwand an. Aus finanzieller Perspektive soll die neue Regelung keine zusätzlichen Erträge generieren, was tendenziell zu einer tieferen Abgabe pro Haushalt führen würde, so die entsprechenden Ausführungen in der Botschaft. Weiter präsentiert der Bundesrat in seinem Entwurf den Vorschlag einer Flexibilisierung der Gebührenanteile für private Radio- und Fernsehveranstalter zwischen 3 und 5%. Der bisherige, fixe Prozentsatz von 4% hatte beim Gebührensplitting zur Anhäufung von Überschüssen geführt, was mit einem variablen Gebührenanteil vermieden werden soll. Wegen entgegengesetzter Ansichten der Vernehmlasser beschloss der Bundesrat, bei seinem ursprünglichen Vorschlag zu bleiben. Die Vorlage, welche 2014 dem Parlament zur Behandlung vorgelegt wird, enthält darüber hinaus Bestimmungen zu Kompetenzregelungen, Konzessionsvoraussetzungen sowie weitere Regelungen für die privaten Radio- und Fernsehveranstalter [18].
In seiner Botschaft zur Änderung des Radio- und Fernsehgesetzes beantragte der Bundesrat, eine im Vorjahr überwiesene Motion Rickli (svp, ZH), die sich gegen die doppelte Erhebung von Gebühren durch die Billag gewehrt hatte, als erledigt abzuschreiben. Mit dem Wegfall der Meldepflicht durch den Systemwechsel werde das Problem umgangen, dass Nutzer im Falle eines Umzugs in einen bestehenden Haushalt wegen Vernachlässigung der Abmeldepflicht der Billag sowohl am neuen wie auch am alten Wohnsitz Gebühren schulden [19].
Ebenfalls als erledigt abzuschreiben sei gemäss Botschaft zur RTVG-Teilrevision das 2011 überwiesene Postulat Bieri (cvp, ZG) zur Verwendung überschüssiger Gebührenanteile privater Radio- und Fernsehveranstalter für die Förderung der journalistischen Qualität. Schaffung und Betrieb einer in Erfüllung dieses Zweckes zu gründenden Stiftung wäre mit unverhältnismässigem Aufwand verbunden, argumentierte die Regierung in ihrer Botschaft, und verwies auf bestehende Subventionierungen und Möglichkeiten für die Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden [20].
Im November lancierte die Organisation Solidarische Schweiz (SOS) die Volksinitiative „Radio und Fernsehen – ohne Billag“, welche dem Bund die Erhebung von Empfangsgebühren verbieten will. Weiter fordert das Volksbegehren die Aufhebung der Radio- und Fernsehkonzessionen sowie die Auflösung der SRG. Das verbleibende Vermögen der SRG und Billag sollen dem Bund übertragen werden, damit dieser die Gelder für die Filmförderung einsetze. Bereits im Jahr 2011 hatte die Gruppe eine Volksinitiative mit ebendieser Forderung lanciert (Initiative „Der Bund erhebt keine Empfangsgebühren“). Zu Beginn des Berichtsjahrs und mit Ablauf der Sammelfrist konnte das Anliegen jedoch nicht mit der erforderlichen Anzahl Unterschriften bei der Bundeskanzlei deponiert werden. Die Sammelfrist des neuen Anliegens endet im Mai 2015 [21].
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Nach mehrjährigem Streit zwischen der öffentlich-rechtlichen Institution und privaten Anbietern legte der Bundesrat im Mai eine Revision der Konzession der SRG SSR vor, welche eine Erweiterung des Online-Angebots des Schweizer Radios und Fernsehens ermöglicht. Nachdem der Bundesrat der SRG bereits im Vorjahr die Online-Werbung untersagt hatte, beschränkte sich die Anpassung der Konzession auf die Bestimmungen zu den Online-Inhalten der SRG. Diese sollen in erster Linie von audiovisuellen Beiträgen geprägt sein. Die inhaltlichen Vorgaben für einen Beitrag, der mit einer im Schweizer Radio oder Fernsehen ausgestrahlten Sendung in Bezug steht, wurden durch die Konzessionsänderung gelockert. Neu ermöglicht wird der SRG die Publikation von Online-Inhalten ohne Sendungsbezug, jedoch dürfen solche Beiträge nicht mehr als einen Viertel der im Web publizierten Inhalte betragen. Für Berichterstattungen in den Rubriken News, Sport und Lokales/Regionales, die keinen Sendungsbezug aufweisen, gilt darüber hinaus eine Umfangbeschränkung von maximal 1000 Zeichen. Weiter erhält die SRG das Recht, bedeutende politische, wirtschaftliche, kulturelle und sportliche Ereignisse von überregionalem Interesse ohne gleichzeitige Fernsehausstrahlung und ohne vorgängige Bewilligung im Internet live zu übertragen. Diese Anpassung erfolgte in Erfüllung der im Vorjahr überwiesenen Motion Allemann (sp, BE). Die Änderungen traten Anfang Juni in Kraft. Der Verband Schweizer Medien gab bekannt, mit diesem Kompromiss leben zu können, hatte er doch im Vorfeld einen minimalen Grenzwert von 80% für die Publikation von Texten mit Sendebezug sowie eine Maximallänge von 800 Zeichen für Inhalte ohne Sendebezug gefordert. Gleichwohl monierten die Verleger, dass die SRG neben wirtschaftlichen und politischen Themen auch Sport- und Kulturanlässe im Internet live übertragen darf. Dies führe zur Konkurrenzierung privater Anbieter. An den neuen Möglichkeiten der Live-Übertragung störte sich ebenfalls der Verband der Regionalfernsehen (Telesuisse). Missbilligend äusserten sich zudem FDP, SVP und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV), die eine Debatte über den Service public im Medienbereich forderten [22].
Mit Änderung der SRG-Konzession wird die SRG per August des Weiteren von der Verpflichtung enthoben, ein englischsprachiges Radioprogramm anzubieten. Mit dem seit fünf Jahren bestehenden World Radio Switzerland (WRS) habe das anglophone Publikum in der Schweiz nicht zufriedenstellend erreicht werden können. Die SRG erhielt die Möglichkeit, WRS einem privaten Anbieter zu übertragen, was sie Ende August auch tat: Anglo Media SA, ein europäisches Mediennetzwerk, übernahm das WRS zu einer rein auf Meldepflicht basierenden Verbreitung des Senders. Das Nachfolgeprogramm des ursprünglichen WRS konzentriert sich auf die Region Genf [23].
Nach vorjähriger Erneuerung der Leistungsvereinbarung über das Informationsangebot für das Ausland, mit der sich die SRG in Zusammenarbeit mit dem deutschen TV-Sender Sat1 sowie dem französischen Fernsehkanal TV5 zur Weiterführung der grenzüberschreitenden Informationsverbreitung verpflichtet hatte, beschloss der Bundesrat im Berichtsjahr die Schaffung einer neuen audiovisuellen Plattform für ein internationales italienischsprachiges Publikum. Unter der Adresse www.tvsvizzera.it können ab 2014 Sendungen von Radiotelevisione Italia (RAI), Radiotelevisione Svizzera (RSI) und swissinfo.ch sowie Eigenproduktionen abgerufen werden, die aus Perspektive der Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien von Interesse sind. Der Bundesrat setzte sich für diese Erweiterung der Leistungsvereinbarung ein, da im Gegensatz zu bestehenden Kooperationen mit Deutschland und Frankreich eine entsprechende Zusammenarbeit mit dem italienischen Umland bisher vernachlässigt worden war. Der Bund übernimmt von den jährlich anfallenden Kosten von CHF 1,5 Mio. die Hälfte des Betrages. Der Rest wird von der SRG getragen. Die Subventionierung durch den Bund stiess beim Verband Schweizer Medien auf Missfallen, da dieses Zugeständnis dessen Ansicht nach eine wettbewerbsverzerrende Wirkung hätte. Bundesrätin Leuthard (cvp) wehrte sich gegen die Vorwürfe. Mit dem neuen Portal würden die bestehenden privaten Angebote wie Ticinonews und Ticinonline nicht unter Druck gesetzt, da sich tvsvizzera.it speziell an ein im Ausland lebendes, italienischsprachiges Publikum mit Interesse an der Schweiz richten werde. Darüber hinaus wies die Bundesrätin darauf hin, dass der Anstoss zur Schaffung eines solchen Portals mit Vorstössen der Tessiner Nationalräte Fulvio Pelli (fdp, TI) und Ignazio Cassis (fdp, TI) aus der italienischsprachigen Schweiz selber stamme [24].
Natalie Rickli (svp, ZH) brachte in einem Postulat ihr Unbehagen gegenüber den eingeschränkten Mitwirkungsrechten der Gebührenzahler bei der Wahl der SRG-Programme zum Ausdruck. Insbesondere nahm die Postulantin Anstoss an der Tatsache, dass nur durch offizielle SRG-Vereinsmitgliedschaft, welche der Gebührenzahlende durch den Kauf von Anteilsscheinen erwerben muss, der volle Zugang zu Mitgliederforen und somit die Einflussnahme auf das Programm möglich wird. Sie wollte deshalb den Bundesrat veranlassen, Möglichkeiten zur kostenlosen Mitwirkung aller Programmnutzer zu prüfen. Der Bundesrat teilte die Meinung der Postulantin und beantragte dem Nationalrat die Annahme des Vorstosses. Die grosse Kammer folgte dieser Empfehlung in der Sommersession [25].
Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) setzte sich im Berichtsjahr eingehend mit der so genannten „Causa Mörgeli“ auseinander. Der Zürcher Nationalrat (svp, ZH) kritisierte die Ende März ausgestrahlten Sendungen der „Rundschau“ und „10vor10“, die sich mit der Frage beschäftigt hatten, ob die Qualitätsanforderungen, die Professor Mörgeli an die von ihm betreuten Doktorarbeiten stelle, den gängigen wissenschaftlichen Standards genügen würden. Die „Rundschau“ brachte ans Licht, dass der langjährige Direktor des medizinhistorischen Instituts der Universität Zürich unter anderem Dissertationen angenommen hatte, deren hauptsächlicher Bestandteil die Transkription alter Texte ausmachte. Die UBI kam einstimmig zum Schluss, die Berichterstattung in den insgesamt drei betroffenen Sendungen sei sachgerecht erfolgt. Zwar habe die „Rundschau“ beispielsweise in ihrer ersten Sendung tatsächlich darauf verzichtet, die genaueren Umstände zum Erwerb eines Doktortitels am betreffenden Institut zu erläutern, habe Mörgeli jedoch in einem zehnminütigen Interview ausreichend Raum gelassen, die Vorwürfe zu entkräften. Diese Gelegenheit habe der Angeschuldigte nicht genutzt, sondern sogleich zum direkten Gegenschlag ausgeholt. Mörgeli zog die drei Beschwerden nach Bekanntgabe des Entscheids ans Bundesgericht weiter, dessen Entscheid für 2014 erwartet wird [26].
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Mit einem bundesrätlichen Beschluss vom Januar dürfen gebührenunterstützte Regionalfernsehprogramme in Zukunft ihre Sendungen auch ausserhalb ihrer zugeteilten Versorgungsgebiete digital über Kabelnetze oder Internet übertragen. Eine entsprechende Änderung der Radio- und Fernsehverordnung wurde per 1. März 2013 wirksam [27].
Nach Überprüfung der Konzessionsvoraussetzungen für „Radio Grischa“ bestätigte das UVEK im März seinen 2008 gefällten positiven Konzessionsentscheid für das Lokalradio. Das Departement, das durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Abklärung einer allfälligen Verletzung der Meinungs- und Angebotsvielfalt angehalten worden war, kam zum Schluss, dass die Südostschweizer Mediengruppe, zu welcher das Lokalradio gehört, in der Region zwar über eine marktbeherrschende Stellung verfüge, diese jedoch nicht missbrauche. Sich abstützend auf ein Gutachten der Wettbewerbskommission (WEKO) stellte das UVEK keine Konzessionsverletzung fest und erteilte dem Radio daher eine bis Ende 2019 gültige UKW-Radiokonzession. Auch im Falle der BT Gruppe stellte das UVEK keine Gefährdung der Meinungs- und Angebotsvielfalt fest, womit der 2008 gefällte Konzessionsentscheid zu Gunsten von „Radio Argovia“ ebenfalls bestätigt wurde. Roger Schawinski, der gegen die ursprünglichen Entscheide Beschwerde eingereicht hatte und mit den Projekten „Radio AG“ und „Radio Südost“ unterlegen war, zeigte sich mit diesen Entscheiden nicht zufrieden und zog die beiden Beschwerden weiter ans Bundesverwaltungsgericht, dessen Beschluss Ende Jahr noch ausstand [28].
Mitte Jahr befugte das BAKOM die Digris AG mittels Funkkonzession zum Betrieb von DAB+-Inseln in der ganzen Schweiz. Mit Hilfe neuer, kostengünstiger Technologie soll insbesondere nicht-kommerziellen sowie hauptsächlich über das Internet verbreiteten Radiosendern die digitale Übertragung ermöglicht werden [29].
Im Sommer präsentierte das BAKOM die erste Vollerhebung zu ausgestrahlten Programmen von Schweizer Privatradios. Die vom Forschungs- und Beratungsunternehmen Publicom verfasste Studie, die sich auf Erhebungen zu den Hauptsendezeiten (Prime Times) an sechs Stichtagen stützte, zeigte ein vielfältiges Bild der konzessionierten, kommerziellen privaten Radiolandschaft in der Schweiz. Im Schnitt hatten die Radios im Vorjahr während den Prime Times 25 Minuten regionale Informationen gesendet, was 46% der gesamten gesendeten Mitteilungen ausmachte. Knapp die Hälfte der Regionalinformationen betrafen die Bereiche Politik (26%) und Gesellschaft (21%). Überdurchschnittlich hohe Prozentanteile an politischen Informationen stellten im Jahr 2012 die Radios Chablais, 32, BeO, Yes FM, RTN und Munot zur Verfügung. Kulturelle Themen erhielten vor allem auf französischsprachigen Sendern besonders viel Aufmerksamkeit. Weil der Schwerpunkt der Berichterstattung den urbanen Zentren gewidmet wurde, fanden periphere Gebiete in der Südostschweiz, der Romandie und dem Tessin, sowie das Glarnerland, das Fricktal und die Region Willisau/Sursee wenig Beachtung. Publicom wies darauf hin, dass auch die SRF-Programme dieses Defizit nicht auszugleichen vermochten. Insgesamt belief sich der Anteil der während den Hauptsendezeiten ausgestrahlten Informationen auf 17% der Gesamtsendedauer. Dies stehe in starkem Kontrast zu den öffentlichen Regionalprogrammen des SRF, wo während den Spitzenzeiten mehr als die Hälfte der Programmzeit für Informationsvermittlung zur Verfügung stehe, betonten die Autoren der Studie. Das BAKOM plädierte am jährlich stattfindenden Swiss Radio Day denn auch für mehr Information, insbesondere in den Sparten Regionales, Politik und Hintergrundberichte [30].
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Neue Medien
Unter Führung des BAKOM und in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern entstand im Februar ein internetbasierter Breitbandatlas der Schweiz. Dieser bietet einen Überblick über vor Ort verfügbare Netze und deren Download-Geschwindigkeit. Bezüglich Wettbewerbssituation und Internetgeschwindigkeit zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land [31].
Ende Februar verabschiedete der Bundesrat eine eidgenössische Strategie für den Umgang mit Internet-Domain-Namen. Darin legt die Landesregierung jene Bezeichnungen fest, die es zu schützen gilt; so etwa vom Bund verwendete Begriffe für das Staatswesen, bundesstaatliche Institutionen sowie Namen von staatlichen Exekutivmitgliedern. Darüber hinaus hatte sich der Bund im Vorjahr bei der globalen Verwaltungsstelle für Internet-Adressen (ICANN) um die Zuteilung des Domain-Namens „.swiss“ beworben, welcher künftig Wirtschaft, Kultur und Institutionen der Schweiz offen stehen soll. Diese Domain der ersten Ebene biete einen hohen Wiedererkennungswert im Gegensatz zu „.ch“, bei welcher es oft zu Verwechslungen mit anderen Ländern wie beispielsweise China komme. Ende April äusserte sich die ICANN positiv zum Vorhaben des Bundes. Ab der zweiten Hälfte des Folgejahres 2014 wird es mit grosser Voraussicht möglich sein, Internetadressen auf die Endung „.swiss“ zu registrieren. Die obige Strategie hält bereits erste Grundregeln für die Vergabe von Adressen einer solchen Domain fest. So soll es dem BAKOM zufallen zu überprüfen, ob ein ausreichender Bezug zur Schweiz für die Vergabe dieser Domain besteht [32].
Mit einer Motion verlangte Viola Amherd (cvp, VS) die Schaffung eines freiwilligen Qualitätslabels für kinder- und jugendgerechte Websites sowie die Verbreitung eines solchen Labels im internationalen Umfeld. Damit sollen aktuell bestehende gesetzgeberische Lücken im Bereich Social Media, Datenschutz und Urheberrecht geschlossen werden. In seiner Antwort vertrat der Bundesrat ebenfalls die Ansicht, die aktuellen Jugendschutzmassnahmen seien nicht ausreichend und müssten verstärkt werden. Bevor der Bund hier tätig werde, seien jedoch die Ergebnisse der laufenden Arbeiten im Rahmen des 2010 gestarteten Nationalen Programms für Jugendmedienschutz und Medienkompetenzen sowie die Resultate des in Erfüllung eines 2011 überwiesenen Postulats zu erstellenden Berichts (siehe unten) abzuwarten. Aus diesen Gründen hatte der Bundesrat im Vorjahr die Ablehnung der Motion beantragt. Der Nationalrat entschied im Herbst des Berichtsjahres allerdings anders und überwies das Anliegen unter Opposition der FDP und der SVP zur Beratung an den Ständerat [33].
Zur Teilrevision des Bundesgesetzes über Filmproduktion und Filmkultur hinsichtlich internetbasiertem Video on Demand (VoD) vgl. Teil I, 8b (Film).
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Im Oktober präsentierte die Landesregierung einen in Erfüllung eines Postulats Amherd (cvp, VS) erstellten Bericht zur Rechtslage in Bezug auf Social Media in der Schweiz. Der Bericht ortet keine namhaften gesetzgeberischen Lücken im schweizerischen Recht, die gar die Schaffung eines eigenen Spezialgesetzes erfordern würden. Bei umsichtiger Anwendung der bestehenden, oftmals allgemein gehaltenen Bestimmungen wie beispielsweise derjenigen im Datenschutzgesetz sowie im Straf- und Zivilgesetzbuch könnten die meisten Herausforderungen von Netzwerkplattformen gemeistert werden. Erschwert würde die Durchsetzung bestehender Regelungen jedoch durch den internationalen und teils anonymen Charakter der Kommunikation über Social Media Kanäle. Gesetzlichen Anpassungsbedarf prüfen will der Bundesrat etwa für einzelne Aspekte in den Bereichen Daten- und Jugendmedienschutz sowie in der Frage zur zivilrechtlichen Verantwortlichkeit von Internet-Dienstleistern. Diesbezüglich reagierte die Regierung auf ein Urteil des Bundesgerichts vom Februar, das die Tageszeitung „Tribune de Genève“ (TdG) für persönlichkeitsverletzende Beiträge in einem auf der Homepage der Zeitung abrufbaren Blog verantwortlich gemacht hatte. Auf der Internetseite des Tagblattes ist jedermann berechtigt, einen Blog zu führen. Diese Rechte hatte auch Eric Stauffer, Präsident des populistischen Mouvement citoyens genevois (MCG), wahrgenommen und in einem seiner Beiträge den ehemaligen Direktor der Genfer Kantonalbank attackiert. Die höchste richterliche Instanz der Schweiz war zum Schluss gekommen, dass die TdG mittels zur Verfügung stellen der Plattform zur Persönlichkeitsverletzung beigetragen habe und laut geltendem Recht zur Verantwortung zu ziehen sei [34].
Nachdem die Kundgebung „Tanz dich frei“ im Mai des Berichtsjahres um die 50 Verletzte gefordert und Kosten von mehr als CHF 2 Mio. verursacht hatte, wandte sich die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland mit einem Schreiben an Facebook und bat um die Herausgabe von Facebook-Nutzerdaten der Organisatoren, die über die Social Media Plattform zur Kundgebung aufgerufen hatten. Das Unternehmen verweigerte die Herausgabe der Daten und liess verlauten, dass diese Informationen entweder über ein internationales Rechtshilfegesuch erlangt werden müssten oder die Schweiz den Nachweis zu erbringen habe, dass die eidgenössische Strafprozessordnung die Herausgabe solcher Daten vorsehe. Laut eigenen Angaben erhielt Facebook in der ersten Hälfte des Berichtsjahres aus der Schweiz insgesamt 32 Anfragen zu Registrierungen, wobei nur in vier Fällen die gewünschte Auskunft erteilt wurde, was klar unter dem internationalen Schnitt liegt. In Beantwortung einer Interpellation Vogler (csp, OW) führte der Bundesrat die tiefe Erfolgsquote in erster Linie auf mangelnde Schulung der eidgenössischen und kantonalen Strafverfolgungsbehörden im Hinblick auf formale Anforderungen und Kenntnisse der Strafbarkeit nach amerikanischem Recht zurück [35].
Weitere Themen zur Problematik rund um die Speicherung von personenbezogenen Daten im Internet sowie zu Cyberkriminalität finden sich in Teil I, 1b (Datenschutz, Staatsschutz).
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Weiterführende Literatur
Bonfadelli, Heinz / Fretwurst, Benjamin, Radio-/TV-Programme der SRG und der privaten Anbieter aus der Perspektive der Mediennutzung: Akzeptanz, Erwartungen und Bewertungen, Zürich 2013.
Bundesrat (Hg.), Rechtliche Basis für Social Media: Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Amherd 11.3912 vom 29. September 2011, Bern 2013.
Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (Hg.), Jahrbuch 2013 Qualität der Medien, Basel / Zürich 2013.
Imhof, Kurt et al. (Hg.), Stratifizierte und segmentierte Öffentlichkeit: Mediensymposium, Wiesbaden 2013.
Jugend und Medien / Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (Hg.), Medienkompetenz: Tipps zum sicheren Umgang mit Medien, Bern / Zürich 2013.
Kolb, Steffen et al. (Hg.), Gebühren gleich Qualität? Inhaltsanalyse der Schweizer Regionalfernsehprogramme, Zürich / Chur 2013.
Künzler, Matthias et al., Monitoring-Report „Medienförderung“, Zürich 2013.
Publicom AG (Hg.), Analyse der Radioprogramme der privaten Veranstalter 2012, Kilchberg 2013.
Schwab Cammarano, Stephanie, Rollen in der Politikvermittlung: Die Interaktion zwischen Politik und Journalismus in der Schweiz, Baden-Baden 2013.
Wemf – AG für Werbeforschung, MACH Basic – Media Analyse Schweiz 2013-2, Zürich 2013.
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[1] NZZ, 20.4.13; LT, TA und TG, 24.7.13; vgl. Teil IIIa (SP).
[2] Medienmitteilung BAKOM vom 13.9.13; NZZ, 14.9.13.
[3] BaZ und BLZ, 30.4.13; SGT, 2.5.13; vgl. SPJ 2012, S. 353 f.
[4] NZZ, 3.7.13; vgl. SPJ 2012, S. 353 f.
[5] NZZ, 17.9. und 2.10.13.
[6] Medienmitteilung BAKOM vom 6.12.13; vgl. SPJ 2012, S. 354.
[7] NZZ, 31.1.13; SO, 24.3.13; SoS, 25.3.13.
[8] LZ, 26.6.13; NZZ, 27.6.13.
[9] NZZ, 28.8.13; vgl. SPJ 2010, S. 299.
[10] Medienmitteilung VBS vom 13.9.13; NZZ, 14.9.13; SO, 15.9.13.
[11] AZ, NZZ, und TA, 26.9.13; TG, 30.9.13; vgl. Lit. Fög.
[12] TA und Lib., 9.10.13; BaZ, 14.11.13; NZZ, 30.11.13.
[13] NZZ, 9.1., 12.2. und 14.2.13.
[14] NZZ, 27.-29.3.13; TG, 28.3.13; LT, 30.3.13; Lib., 18.4.13.
[15] Medienmitteilung BAKOM vom 13.5.13; vgl. SPJ 2012, S. 355.
[16] NZZ, 20.2., 2.4., 5.4., 6.4., 24.4., 24.5., 13.6., 19.-21.6., 18.7. und 2.8.13; BaZ, 4.4.13; AZ und LZ, 6.4.13; TA, 20.6.13.
[17] Medienmitteilung BAKOM vom 20.12.13; Lit. Bonfadelli.
[18] BRG 13.048: BBl, 2013, S. 4975 ff. und 5051 ff.; vgl. SPJ 2012, S. 354.
[19] Mo. 11.4080: BBl, 2013, S. 4975 ff.; vgl. SPJ 2012, S. 354.
[20] Po. 10.4032: BBl, 2013, S. 5027; vgl. SPJ 2011, S. 375.
[21] BBl, 2013, S. 942 und 8489 ff.; NLZ, 22.10.13.
[22] Medienmitteilung BAKOM vom 1.5.13; LT, 29.1.13; NZZ und SGT, 2.5. und 3.5.13; vgl. SPJ 2012, S. 354 f.
[23] Medienmitteilung BAKOM vom 1.5.13; NZZ Online, 30.8.13.
[24] Medienmitteilung BAKOM vom 29.5.13; NZZ, 14.5.13; BaZ und TA 15.11.13; vgl. Fra. 12.5454 (Cassis) und Ip. 12.3198 (Pelli); vgl. SPJ 2012, S. 355.
[25] Mo. 13.3097: AB NR, 2013, S. 1186.
[26] NZZ, 7.12. und 9.12.13; vgl. Teil IIIa (SVP).
[27] Medienmitteilung BAKOM vom 23.1.13.
[28] Medienmitteilung BAKOM vom 6.3. und 22.10.13; NZZ, 7.3. und 23.10.13; SoS, 7.3. und 23.4.13; AZ, 30.11.13.
[29] Medienmitteilung BAKOM vom 25.6.13.
[30] Medienmitteilung BAKOM vom 22.8.13; NZZ und LZ, 23.8.13; Lit. Publicom.
[31] BZ, 15.2.13.
[32] Medienmitteilungen BAKOM vom 27.2. und 30.4.13; NZZ, 28.2.13.
[33] Mo. 12.3122: AB NR, 2013, S. 1719 f.
[34] Medienmitteilung BAKOM vom 9.10.13; NZZ, 14.2.13; NLZ, 10.10.13.
[35] AZ, 28.5.13; NZZ, 3.9. und 7.9.13; TA, 27.12.13; vgl. Ip. 13.3986 (Vogler).
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